https://tourismus-blog.atIn allen europäischen Staaten fielen Ende April 2022 die Corona bedingten Restriktionen. Die Reisebeschränkungen wurden weitestgehend aufgehoben. Nach zwei Jahren des Stillstandes setzte der Reiseverkehr und damit der internationale Tourismus mit großer Dynamik wieder ein. Es besteht ein großes Nachholungsbedürfnis. Die Reiselust ist zurück! Auf die stark steigende Nachfrage nach Auslandsreisen waren/ sind insbesondere aber die Airlines nicht vorbereitet.
Massive Probleme der Airlines
Aufgrund des akuten Personalmangels (Piloten, Flugbegleiter, Bodenpersonal und Sicherheitsmitarbeiter) durch Weggänge und Kündigungen in der Pandemie bzw. coronabedingten Krankenständen, fehlen viele Mitarbeiter, um den Reiseboom zu bewältigen. Immer mehr Airlines sind dadurch gezwungen Flüge zu annullieren: Die Lufthansa z.B. streicht im Sommer deshalb 2.200 Flüge. Betroffen sind vor allem Flüge ab Frankfurt und München und dabei besonders innerdeutsche und europäische Flüge, jedoch nicht die zur Ferienzeit gut ausgelasteten klassischen Urlaubsziele (Meldung 23.6.2022). Für Europa-Flüge berechnet die Airline derzeit Höchstpreise. Das soll Plätze für Umbuchungen freihalten (Meldung 1.7.2022). Die Lufthansa erwartet erst 2023 eine Normalisierung des Flugbetriebs. Die Lufthansa-Tochter Brussels Airlines streicht im Juli und August fast 700 Flüge (Meldung 5.7.2022) und SWISS annullierte etwa 100 Flüge, die im Juli und August geplant waren. Bis Ende Oktober streicht auch British Airways 10.300 Kurzstreckenflüge (Meldung 6.7.2022). Auch die AUA musste wegen einer Häufung von Corona-Erkrankungen bei den Crews Flüge streichen. Am 26.6. waren davon 42 Destinationen, vor allem Städteflüge, betroffen (Meldung 26.6.2022). Die Folgen sind chaotische Zustände in den Flughäfen (vgl. Amsterdam u.a.), weil tausende Passagiere ihre gebuchten Flüge bzw. ihren Urlaub nicht antreten können, oder in den Zielgebieten stranden. Verschärft wird die chaotische Situation durch verloren gegangenes Gepäck. Am Flughafen Frankfurt z.B. bleiben täglich bis zu 5.000 Koffer von Lufthansapassagieren am Boden zurück (Meldung 23.7.2022). Da eine rasche Verbesserung nicht in Sicht ist, wächst die Sorge vor noch schwierigeren Situationen in der Hauptreisezeit. Verschärft wird die Situation durch steigende Kerosinpreise, den Krieg in der Ukraine und des Anstiegs der Coronainfektionen. Die AUA z.B. kündigt Preiserhöhungen auf Langstrecken bis zu 100 Euros an (Meldung 24.6.2022). Das Ende der Billigtickets!
Der Flugverkehr in Ostösterreich steigt wieder stark. Die Zahl der Überflüge hat bereits im Mai das Volumen von 2019 erreicht. Die Auslastung am Flughafen Wien betrug 80 % gegenüber 2019. Von Wien werden mit der Feriensaison rund 650 Maschinen pro Tag starten (Meldung 28.5.2022).
Auch die Kreuzfahrtindustrie ist von der Pandemie massiv betroffen. Das größte Kreuzfahrtschiff, die „Global Dream“ für 9.500 Personen konzipiert, wird wegen der Insolvenz des Unternehmens, noch vor der Jungfernfahrt verschrottet (Meldung 22.6.2022).
https://tourismus-blog.atNach 2 Jahren Corona-Flaute blickt, nach einer Betriebsbefragung durch Deloitte und der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), der heimischeTourismus wieder optimistischer in die Zukunft (Meldung 2.6.2022). Auch die Geschäftsführerin der staatlichen Tourismusmarketing-Organisation Österreich Werbung (ÖW) glaubt aufgrund der Buchungslage an eine gute Sommersaison (Meldung 6.6.2022). „Bereits der August 2021 war der beste August aller Zeiten und darauf wollen wir aufbauen“. Auch das Wifo erwartet mit rund 25 Millionen Übernachtungen eine Sommersaison knapp unter dem Vorkrisenniveau. Aber aufgrund der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Rhmenbedingungen sind die Prognosen unsicher (Meldung 22.6.2022).
Der Vergleich der Tourismusnachfrage in Österreich im Juli 2022 zum Vorjahr, einem der stärksten Monate der Sommersaison, belegt den positiven Trend. Erfreulich ist die stark steigende Nachfrage aus dem Ausland, insbesondere aus dem Vereinigten Königsreich, den USA. Der Hauptherkunftsmarkt Deutschland weist dagegen die geringste Steigerung auf. Die Nachfrage aus Österreich ist sogar eingebrochen. Eine Erklärung ist der Nachholbedarf nach Auslandsreisen v.a. nach Warmwasserdestinationen.
Nachfrage in Österreich nach Herkunftsländern. Vergleich Juli 2022 zu Juli 2021
Quelle: Statistik Austria
Ankünfte und Übernachtungen nach Unterkunftsarten in Österreich im Juli 2022 im Vergleich zum Juli 2021
Quelle: Statistik Austria
Im Vergleich Juli 2022 zum Juli 2021 spiegelt sich der positive Trend auch in den Nachfragezahlen, differenziert nach Unterkunftsarten, wider. Alle verzeichneten höhere Zahlen. Zu verdanken ist dies wieder der gestiegenen ausländischen Nachfrage. Die Nachfrage der Österreicher ist dagegen weiter zurückgegangen.
Wiener Tourismus 2022 im Aufwind
Auch der durch die Pandemie schwer getroffene Tourismus in Wien kommt nach fast zwei Jahren Stillstand langsam wieder in Schwung. Im April 2022 wurden erstmals, nach dem Totalausfall in den Jahren 2020 und 2021, wieder mehr als 1 Million Übernachtungen registriert. Trotz der erfreulichen Steigerung entspricht dies immer noch nur 66 % des Vorkrisenniveaus von 2019. Begünstigt wurde das Ergebnis durch Ostern im April und dem wieder durchgeführten Vienna-City-Marathon. Die meisten Gäste kamen aus Deutschland und Österreich. Die durchschnittliche Auslastung der Hotelbetten betrug im April 46,2 %, nach nur 5,8 % im Jahr davor. Jene der Zimmer lag bei rund 60 % (April 2021: 7 %). Insgesamt wurden im April mit rund 62.000 Hotelbetten rund 27.000 Betten mehr angeboten als im Vergleichsmonat davor.
Der Netto-Nächtigungsumsatz der Wiener Beherbergungsbetriebe betrug im März (Daten für April liegen noch nicht vor) 37,8 Millionen Euro. Von Jänner bis März erwirtschafteten die Betriebe rund 76 Millionen Euro, viermal so viel wie im ersten Quartal 2021. Von Jänner bis April liegt Wien bei 2.470.000 Nächtigungen – ein Plus von 724 % gegenüber 2021 (Meldung 19.5.2022).
Ein positives Signal für den Tourismus in Wien ist die erstmals seit Pandemiebeginn wieder erlangte Spitzenposition im Städteranking durch die „Economist“-Gruppe (Meldung 23.6.2022).
Nach zwei harten Jahren erholt sich der Tourismus in der Stadt wieder. Bereits im Juli 2021 ist die Nachfrage gegenüber dem Vorjahr durch ausländische Touristen, trotz des Ausbleibens der deutschen Gäste, kräftig gestiegen. Noch stärker sind die Steigerungen im Juli 2022 gegenüber dem Vorjahr mit einem Wachstum der Nachfrage von allen Herkunftsmärkten. In Summe betrug die Zunahme über 120%, die der ausländischen Gäste sogar mehr als 150%.
Nachfrage in Wien im Juli 2019, 2020,2021 und 2022, Veränderung zum Vorjahr in Prozent
Quelle: www.B2B.wien.info (Statistik & Marktforschung)
Trotz der erfreulichen Entwicklung der letzten beiden Jahren hat die Nachfrage im Juli 2022 noch nicht den Höchststand vom Juli 2019 vor der Pandemie erreicht. In Summe fehlen noch immer etwa 20%. Deutschland als wichtigster Herkunftsmarkt verzeichnete sogar ein Minus von 13,2%. Auch die Nachfrage aus anderen Herkunftsländern, insbesondere aus den USA, Großbritannien und China ist weiter eingebrochen.
Vergleich der Nachfrage in Wien Juli 2019 zu Juli 2022
Quelle: www.B2B.wien.info (Statistik & Marktforschung)
Die negative Bilanz der Nachfrage gegenüber 2019 zeigt sich auch bei den Beherbergungsbetrieben. Alle Kategorien verzeichneten sowohl bei den Ankünften als auch bei den Nächtigungen ein Minus von bis zu 25%.
Wien: Ankünfte und übernachtungen in allen Bheherbergungsbetrieben. Vergleich Juli 2019 zu Juli 2022
Quelle: www.B2B.wien.info (Statistik & Marktforschung)
Negative Effekte, die die Entwicklung des Tourismus massiv behindern
Die Pandemie, sowie der eklatante Personalmangel in Österreich – mehr als drei von touristischen Betrieben nannten im April 2022 fehlende Arbeitskräfte als wesentliche Einschränkung ihrer Geschäftstätigkeit – sind für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft prekär. Die Zahl der offenen Stellen in der Gastronomie und der Hotellerie ist im Vergleich zu 2019 um über 70 % gestiegen (Meldung 22.6.2022). KellnerInnen und Köche sind bereits Mangelberufe (Meldung 6.7.2022). Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben, trotz Kurzarbeitshilfen, der Hotellerie und Gastronomie den Rücken gekehrt. Laut AMS-Chef Kopf „zahlt der Tourismus zu schlecht. Die Beschäftigten können sich aussuchen wo sie arbeiten. Man sehe jetzt einen Arbeitnehmermarkt. Der Tourismus leidet darunter, dass es offene Stellen in allen Branchen gibt“ (Interwiew 2.7.2022). Es fehlen 35.000 Mitarbeiter. „Im Tourismus gibt es aktuell mehr Beschäftigte als vor Corona, trotzdem fehlt Personal. Im Mai 2022 waren 207.378 Personen im Tourismus beschäftigt, fast um 1.000 mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019“ (Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Interview 4.7.2022). Viele Betriebe haben aus Mangel an Mitarbeitern ihr Dienstleistungsangebot eingeschränkt oder zusätzliche Schließtage eingeführt. Um leichter Personal zu finden, setzen auch viele Betriebe auf verstärkte Digitalisierung, Bezahlung über Kollektivvertrag, schönere Unterkünfte und Fortbildung. Einige Betriebe möchten ihre Geschäftsmodelle überdenken und den Herausforderungen mit Preiserhöhungen entgegenwirken (Meldung 26.4. und 2.6.2022). „Etwa zehn bis 15 % würden die Preise aufgrund gestiegener Kosten erhöhen und diese teilweise bis ganz an die Gäste weitergeben, sagte Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbands Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich (WKO)“. Ein großes Problem für viele Unternehmen ist die Schwierigkeit an Kreditfinanzierungen zu kommen, wodurch Investitionen aufgeschoben werden müssen (Meldung 2.6.).
Auch die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise und die dadurch steigende (importierte) Inflation (11%% im Oktober 2022 – Meldung 30.10.2022 – die höchsteTeuerungsrate in Österreich seit 1975) und die Unsicherheit durch den Krieg in der Ukraine, machen der Hotellerie und der Gastrononomie und deren Profitabilität schwer zu schaffen.
Andererseits sind die Wirtschaftskennzahlen ermutigend. Das lässt sich am leergefegten Arbeitsmarkt ablesen. Die österreiche Wirtschaft ist laut Statistik Austria im ersten Quartal 2022 mit 9,5 % ins neue Jahr gestartet. Das BIP legte inflationsbereinigt also um 9,5 % zu, um 0,5% höher als vor Ausbruch der COV-Pandemie. Die positive Entwicklung betraf fast alle Wirtschaftsbereiche, besonders aber die Industrie, den Bau und den Handel. Gastronomie und Beherbergung sind aber noch etwa ein Viertel unter dem Vorkrisenniveau. Trotz der schwierigen Rahmenbedinungen ist die Zahl der Arbeitslosen um 20,6 % niedriger als im Mai des Vorjahres. 311.543 waren arbeitslos gemeldet oder in Schulung, um 80.817 weniger als im Vorjahr. 138.000 Stellen sind beim AMS als sofort verfügbar gemeldet. Mit 5,7 % ist die Arbeitslosenquote die niedrigste seit 14 Jahren (Meldung 1.6.2022).