
Der Tourismus in Wien war in den letzten Jahren eine Erfolgsgeschichte. Noch nie wurden so viele Touristen gezählt wie im Jahr 2019. Wien profitierte vom internationalen Städtetourismus-Boom und von den stark steigenden Gästezahlen v.a. aus China. Seit dem Jahr 2010 stiegen die Nächtigungen. Im Zeitraum Jänner bis Dezember 2019 wurden 7.926.768 Ankünfte (+ 5,1 % gegenüber dem Vorjahr) und 17.604.573 Übernachtungen (+6,8 %) in 80.000 Gästebetten registriert. Davon kamen 79,18 % der Touristen (+6,5 %) mit 82,7 % (+8,0 %) der Übernachtungen aus dem Ausland. 4,6 Millionen Gästeankünften in Wiener Beherbergungsbetrieben 2008 standen zehn Jahre später 7,5 Millionen gegenüber – eine Steigerung von +64 %. (Statistik Austria)
Abb.2: Ankünfte in Wien: Jänner – Dezember 2019
Quelle: Statistik Austria
Das Jahr 2020 war ein Katastrophenjahr für den Wientourismus
Graben am 1.4.2020
Tab. 5: Übernachtungen 2019 und 2020 nach Beherbergungskategorien. Veränderung in %
Quelle: www.B2B.wien.info (Statistik & Marktforschung)
Von Jänner bis Juli 2020 wurden in Wien nur 3.237.000 Nächtigungen gezählt, um 66,4 % weniger als im Vergleichszeitraum 2019. Besonders betroffen vom Einbruch der Nachfrage waren im 1. Halbjahr 2020 die Hotels der gehobeneren Kategorie. Lediglich die Hotels/ Pensionen der 2 und 1 Sterne Kategorie erreichten mit einem Minus von 62,4 % ein besseres Ergebnis. Zu wenig, um betriebswirtschaftlich zu überleben.
Tab.6: Ankünfte und Übernachtungen Jänner – Juli 2020 in Beherbergungsbetrieben im Vergleich zum Vorjahr (Hochrechnung. Vorläufige Ergebnisse) Quelle: www.B2B.wien.info (Statistik & Marktforschung)
Der Netto-Nächtigungsumsatz der Beherbergungsbetriebe für diesen Zeitraum betrug lediglich 142,3 Millionen Euro. Ein Rückgang im ersten Halbjahr 2020 um 68,7 %. (MA 23 – Dezernat Statistik)
Im ersten Halbjahr erwirtschafteten die Betriebe, vor allem aufgrund der noch positiv bilanzierenden Monate Jänner und Februar, 142.343.000 Euro. Das sind um 68,7 % weniger als im Vergleichszeitraum 2019. (MA 23 – Dezernat Statistik) Dramatisch eingebrochen ist die Auslastung der Beherbergungsbetriebe. Die Zimmerauslastung sank von 86 % (07/2019) auf 28,2 %. Die durchschnittliche Auslastung der Hotelbetten ging auf 23,1 % zurück (07/2019: 66,5 %). Im Juli 2020 waren lediglich 52.000 Hotelbetten in Wien verfügbar, ein Minus von 24 % zum Vergleichsmonat des Vorjahres. Es ist zu befürchten, dass insbesondere die Familienbetriebe nicht mehr aufsperren werden. Einige Hotels haben die Zeit für Renovierungsarbeiten genutzt (z.B. Hotel Imperial).
Tab. 7: Betten und Auslastung in % der 5 Stern Betriebe 2020 nach Monaten
Quelle: www.B2B.wien.info, Statistik & Marktforschung
Immer mehr Betriebe, auch der Luxuskategorie, stehen vor einer bedrohlichen Situation. Selbst das Hotel Sacher, eines der besten und renommiertesten Hotels in Wien, war in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Aufgrund der geringen Auslastung (10 bis 15 %) war dieses Traditionshotel mit etwa 800 Mitarbeitern gezwungen in Wien 140 und in der Dependance in Salzburg 40 zu kündigen. Die anderen Beschäftigten waren zum Großteil in Kurzarbeit. Lediglich die Jobs in der Sachertorten-Produktion blieben erhalten. “Sacher-Chef Matthias Winkler „Wir spüren sowohl beim Versand als auch im Verkauf der Sachertorten Einbußen, diese liegen bei rund 50 % und damit aber deutlich besser als in der Hotellerie und Gastronomie“. (Meldung 15.9.2020). Die Branche forderte ein eigenes Stützungspaket, insbesondere für die Beherbergungsbetriebe in den Städten. Dazu zählte die Verlängerung der Kurzarbeit und des Fixkostenzuschusses bis Ende 2021.
Auch in den Folgemonaten setzte sich der dramatische Nachfragerückgang fort. Im August wurden nur 518.000 Übernachtungen, um 71,5 % weniger als im August 2019, registriert. Über der Marke von 100.000 Nächtigungen lagen nur zwei Herkunftsmärkte: Österreich mit 153.000 (-38 % zu 2019) sowie Deutschland mit 185.000 (-50 %). Die Ankünfte gingen um 72,2 % auf 219.000 zurück. Die durchschnittliche Auslastung der Hotelbetten sank auf 27,2 % (08/2019: 73,2 %), jene der Zimmer auf rund 35 % (08/2019: rund 95 %). Auch in den Monaten Jänner bis August ist die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr dramatisch eingebrochen. Insgesamt wurden nur 3,8 Millionen Nächtigungen gezählt, ein Minus von 67 %. (MA 23 – Dezernat Statistik)
Tab. 8: Zimmer und Bettenauslastung im August 2020 in Hotels und Pensionen (endgültige Ergebnisse)
Quelle: www.B2B.wien.info, Statistik & Marktforschung)
Das Jahr 2020 war für den Wiener Tourismus insgesamt durch den monatelangen Lockdown ein Katastrophenjahr. Mit nur 4,6 Millionen Nächtigungen (vor allem durch Geschäftsreisende; für die Urlauber bestand ein behördlich verfügtes Betretungsverbot), um 73,9% weniger als im Rekordjahr 2019 mit 17,6 Millionen. Es war das schlechteste Ergebnis seit 1994.
Abb.3: Übernachtungen, Veränderungen im Vergleich zu den Monaten 2019 in Prozent
Die Dramatik des Nachfrageeinbruchs durch den Lockdown wird aus dem Vergleich der Übernachtungen zum Vorjahr ersichtlich. Nur in den Monaten Jänner und Februar war Wien noch auf Erfolgskurs. Mitte März kam der Tourismus zum Erliegen. Auch im Dezember – einem in normalen Jahren starker Monat für die Branche – kam zu es in Wien zu einem Totalausfall. Es wurden nur 76.000 Nächtigungen registriert; im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 95,6 %!
Alle Hauptherkunftsmärkte brachen massiv ein. Am stärksten waren die Rückgänge bei den in den Vorjahren besonders stark wachsenden Fernmärkte USA, China mit einem Minus von 90 %. Aber auch die Nachfrage aus dem für Wien wichtigsten Markt Deutschland verzeichnete ein Minus von mehr als 70 %. Es fehlten auch die Gäste aus anderen Ländern. Am geringsten war der Nachfrageeinbruch bei den Österreichern mit einem Minus von ca. 60 %.
Tab. 9: Ankünfte und Übernachtungen im Jahr 2020 nach Hauptherkunftsmärkten in allen Beherbergungsbetrieben im Vergleich zum Vorjahr (endgültige Ergebnisse)
Der dramatische Einbruch der Nachfrage betraf alle Beherbergungskategorien mit Rückgängen von weit über 70 %.
Tab. 10: Ankünfte und Übernachtungen 2020 nach Beherbergungskategorien im Vergleich zum Vorjahr
Das Ausbleiben der Touristen führte zu einem ruinösen Einbruch der Nächtigungsumsätze. Durch die lange Zeit der erzwungenen Schließung kämpfen viele Betriebe ums Überleben.
Tab. 11: Der Nächtigungsumsatz in Euro im Zeitraum Jänner bis November 2020 nach Herkunftsländern. Vergleich zum Vorjahr
Im Jahr 2020 verzeichnete Wien, das in normalen Jahren die höchste Beherbergungsauslastung aller Bundeländer verzeichnet, eine Bettenauslastung von lediglich 22,3 % (2019: 61,9 %) und eine Zimmerauslastung von nur 29 % (2019: rund 80 %). Die Nettonächtigungsumsätze der Hotellerie für die Monate Jänner bis November betrugen 231,5 Mio. Euro. Das ist einen Einbruch von 74,4 %.
Tab. 12: Umsatz pro Zimmer in Euro in Hotels und Pensionen (ohne Frühstück und Umsatzsteuer)
Abb. 4: Umsatz pro Zimmer in Hotels und Pensionen in Euro
Alle Kultureinrichtungen und Sehenswürdigkeiten in Wien waren von den Folgen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie und der Schließung und den dadurch fehlenden Touristen massiv betroffen. So das Schloss Schönbrunn, der Besuchermagnet für Wientouristen, das vor der Krise mit 10.000 Besuchern pro Tag den Besucheransturm nur mittels Besucherlenkung und Kontingentierung bewältigen konnte. Die Busparkplätze waren leer und die Shops hatten keine Umsätze. Alle Highlights für Wientouristen, wie die Spanische Hofreitschule, waren geschlossen.
Seit dem 2.(Teil)Lockdown ab 7.Dezember 2020 wurden die Museen wieder geöffnet, nach wenigen Tagen aufgrund der steigenden Infektionszahlen aber neuerlich geschlossen. Erst ab 8.Februar 2021 konnten sie wieder aufsperren. Weiter geschlossen blieben Theater, Kinos, Kulturbetriebe. Die Kulturszene litt besonders unter der Krise (4 Monate Veranstaltungsverbot) und erfuhr trotz Präventionskonzepten nicht die notwendige Unterstützung.
Auch der traditionelle Wiener Opernball 2021 wurde bereits am 23.September und alle anderen Ballveranstaltungen wegen COVID-19 abgesagt. Ein weiterer schwerer Schlag für die Stadthotellerie, die Gastronomie und für die vielen Betriebe, für die die Ballsaison wichtig ist (z.B. Kostümverleih) und für die Wiener Wirtschaft insgesamt.
Für die Wiener Hotellerie spielen Kongresse, Messen, Seminare und Firmentagungen eine zentrale Rolle. Denn der Tagungsgast gibt über 500 Euro/ Tag aus, mehr als doppelt so viel wie ein „normaler“ Städtetourist. Wien zählt zu den gefragtesten Kongressdestinationen weltweit. Wegen COVID-19 mussten alle Kongresse abgesagt werden. Besonders Großkongresse, wie z.B. der Radiologenkongress mit bis zu 30.000 Teilnehmern, einer der größten weltweit, bedeuten für die Wiener Hotellerie und den fehlenden direkten und indirekten Effekten (Multipliereffekte) für die Wiener Wirtschaft massive Umsatzeinbußen.
Messen, Kongresse, Sport- und Kulturevents waren zwar ab den 15. Juni 2020 unter Corona-Auflagen wieder für kurze Zeit erlaubt, dazu musste eine behördliche Genehmigung eingeholt und ein COVID-19 Präventionskonzept vorgelegt werden. Durch die monatelange Planungsunsicherheit und die wirtschaftlichen Risiken hinsichtlich der Durchführbarkeit und den Einschränkungen, fanden aber nur wenige Veranstaltungen statt. Angesichts der hohen Wertschöpfung (ca. 9 Milliarden Euro und 144.000 Arbeitsplätzen) und der Bedeutung für die Wirtschaft, insbesondere für Wien, in der normalerweise die meisten Messen und Kongresse stattfinden, will die Regierung (verkündet am 25.September) die Veranstalterbranche mit einem 300 Millionen Euro schweren Schutzschirm unterstützen. Die Maßnahme soll wie eine Versicherung funktionieren. Können Events nicht oder nur eingeschränkt stattfinden, trägt der Staat die nicht stornierbaren Kosten, wie Raummieten, Technik oder Personal. Der Schutzschirm soll Sicherheit geben, sowie Planungs- und Rechtsicherheit garantieren. Zur Bedeutung der Branche: im Jahr 2019 wurden in Österreich 25.000 Messen und Kongressen mit rund 1,8 Millionen Teilnehmern (Wienanteil etwa 35 %) durchgeführt, von der viele Branchen durch direkt und indirekte Effekte profitierten; von der Stadthotellerie, über Catering-Unternehmen, der Gastronomie bis hin zu Technik- oder Security-Anbietern. Im Messebereich sind die langen Vorlaufzeiten für die Betriebe eine große Herausforderung. Die Messeveranstaltungen sind aber eine wesentliche Säule des Tourismusstandortes Wien.

In Wien wurde nach dem neuen „sanften“ Lockdown die bereits dramatische Situation verschärft, da traditionelle Gästebringer, wie Weihnachtsmärkte, Punschstände und der Wiener Silvesterpfad, Corona bedingt nicht stattfinden konnten. Auch die Hotellerie und die Gastronomie durften weiter nicht aufsperren. Erlaubt waren die Lieferung und Abholung von Speisen (take-away). Um die Weihnachtseinkäufe zu ermöglichen, konnten die Geschäfte, trotz der noch immer hohen Neuinfektionen, ab 7. Bis 25.Dezember wieder öffnen. Im Kulturbereich konnten nur die Museen wieder bis zum 26.Dezember aufsperren. Alle anderen Kultureinrichtungen und Veranstaltungen waren weiter untersagt. Ab 24.Dezember 2020 konnte wieder der „Wiener Eistraum“ am Rathausplatz mit Abstandsregeln, früher als sonst, öffnen. Die Weihnachtsmärkte an allen Standorten mussten aber noch vor der Eröffnung ihre Hütten abbauen.

Wien ist von den Flugverbindungen und damit von den meisten Herkunftsmärkten seit 16.März 2020 fast zur Gänze abgeschnitten. Austria Airlines musste die meisten Maschinen stilllegen und kämpft mit nur 15 % Auslastung ums Überleben. Vor der-Pandemie war der Flughafen Wien-Schwechat auf einem Wachstumskurs. 2018 wurden 27,0 Millionen Passagiere gezählt, ein Wachstum von 37 % gegenüber 2008 (19,7 Millionen). Sogar eine 3. Piste stand auf der Agenda und hatte bereits alle Umweltprüfungen bestanden. Wegen COVID-19 ist der Flughafen im 2. Quartal 2020 in die Verlustzone gerutscht. Stand Ende März noch ein Gewinn von 16,1 Mio. Euro zu Buche, wurde zum Halbjahr 2020 ein Verlust von 18,2 Mio. Euro verzeichnet.
Mit 7,8 Millionen Passagieren im Jahr 2020 wurden um 75,3 % weniger abgefertigt als im Jahr zuvor und die Zahl der Flugbewegungen ging um 95.880, ein Minus von 64,1 %, zurück. Die stärksten Passagierrückgänge verzeichnete der Airport mit – 99 % im April und Mai, aber auch im Juni, November und Dezember betrug das Minus über 90 %. Am schwächsten Tag des Jahres, dem Ostermontag am 13. April, wurden nur 154 Reisende im Terminalgebäude gezählt. Zum Vergleich: Im Jänner 2020 wurden noch täglich 94.000 Fluggäste registriert. Die Krise habe den Flughafen – gemessen an den Passagierzahlen – „in das Jahr 1994 zurückkatapultiert„, so der Vorstand Julian Jäger. Erstmals in ihrer Geschichte hat die Flughafen Wien AG im vergangenen Jahr einen Verlust von rund 70 Millionen Euro geschrieben. Gleichzeitig gingen die Flugbewegungen um 84,9 % zurück. Besonders betroffen war die Langstrecke.